Jürgen R.: Ich bin Leiter des IT-Bereichs bei einem Küchenbauunternehmen. Für unsere Zentrale drängt nun unser Telefonprovider auf die Umstellung der vorhandenen ISDN Primärmultiplex-Anschlüsse und will diese auf SIP umstellen. Welche Vorteile oder Nachteile bietet eine Umstellung des Telefonanschlusses von ISDN auf SIP? Was gilt es dabei eventuell zu beachten?

LT-Webteam: Vielen Dank für diese gegenwärtig viele Unternehmen betreffende Frage. Die Umstellung von ISDN auf SIP bei den Telefonanschlüssen läßt sich mittel- oder langfristig für uns alle nicht umgehen. Insofern sollte man sich dem Thema frühzeitig stellen.

Hintergrund der Umstellung von ISDN auf SIP, von leitungsvermittelnder Anschlußtechnik auf paketvermittelnde, ist der Umstand, daß die bei den Providern in den Vermittlungsstellen eingesetzte Technik in die Jahre gekommen ist und ersetzt werden muß. In diesem Zug wurde durch die Provider das Thema der Umstellung auf SIP forciert, um diesbezüglich auf eine modernere Technologie und weltweit auch einheitlich verwendete Technologie umzustellen.
Problematisch in diesem Zusammenhang ist nun jedoch leider, daß SIP kein technologisch einheitlicher Standard, sondern „nur“ ein Verfahren zur Anschlußanbindung in das Sprachnetz ist und rein auf technischen Empfehlungen (RFC 3261) basiert. Ob ein SIP-Anschluß eines Providers und ein SIP-Produkt eines Herstellers praktisch letzten Endes auch wirklich die gewünschten Leistungsmerkmale unterstützt, ist dabei nicht einwandfrei sichergestellt. Wir haben dazu früher bereits schon einmal einen Blogbeitrag erstellt, der dies inhaltlich anreißt:

Es ist für den Anwender und Kunden der Provider aktuell nicht einfach zu erkennen, welche Vorteile sich aus einer Umstellung auf SIP ergeben. Eventuell könnte man hierbei allgemein die Versorgungssicherheit und den Schutz gegen Netzausfälle nennen, die sich aus der veralteten Technik in den Vermittlungsstellen der Provider ergeben könnten. Eventuell wären an dieser Stelle auch Kostenvorteile nennbar, sofern diese bis zum Kunden weitergegeben werden. Dies ist schwer zu überprüfen.
In der Regel ergibt sich jedoch ein rein praktischer Vorteil aus der Umstellung auf SIP. In der ISDN-Welt war es immer nötig die Anzahl der Sprachkanäle in Größenschritten von 2 oder 30 Sprachkanälen zu beauftragen. Diese Einschränkung entfällt mit SIP, wodurch eine kanalweise Einzelbeauftragung möglich ist, welches Kostenvorteile bieten kann.
Ebenso ist es mit SIP möglich, die anschlußseitige Aufnahme des SIP-Anschlusses nicht an dem Ort für den der Anschluß gedacht ist erfolgen lassen zu müssen. Mit ISDN war und ist es in der Regel immer nötig, daß der Telefonanschluß in den Anschlußraum an der jeweiligen Adresse durch den Provider durchgeschaltet wird. Ausnahmen boten/ bieten hierbei nur Spezialprodukte der Provider für sehr große Kunden mit sehr vielen Anschlüssen. Mit SIP dagegen ist es auch möglich, die Telefonanlage eines Unternehmensverbunds die SIP-Anschlüsse der Außenstellen/ Niederlassungen aus anderen Städten beispielsweise einheitlich am Standort der Zentrale verarbeiten zu lassen. Dies kann ebenfalls Vorteile bei Umzügen von Geschäftsstellen bieten. Auch Cloud-Lösungen sind mit SIP-Anschlüssen dadurch einfacher möglich.

Auf der anderen Seite muß man ganz offen aber auch die Nachteile erwähnen. Es ist davon auszugehen, daß diese auf mittlere oder längere Frist gelöst werden. Jedoch ist es aktuell so, daß salopp ausgedrückt, SIP nicht immer SIP ist. Obenstehend finden Sie hierzu bereits einige Hinweise.

Nicht jeder SIP-Provider interpretiert SIP zu jeder Zeit und an jedem Ort auf die immer gleiche Weise. Es gibt Fälle in denen der Selbe SIP-Provider in München einen gleichen SIP-Anschlußtyp in der selben Kalenderwoche technisch anders ausführt als beispielsweise in Hamburg. Aus diesen Gründen ist die Anschaltung von SIP-Anschlüssen an die jeweilige Telefonanlage nicht immer ohne weiteres und sofort fehlerfrei möglich. Dies erfordert eine sehr genaue Informationsübergabe vom und zum Provider, aber auch Übung und Erfahrung bei der Anschaltung. Schlußendlich ist es damit deutlich aufwendiger als die Anschaltung eines ISDN-Anschlusses an eine Telefonanlage.

Zusätzlich ergibt sich mit einem SIP-Anschluß immer auch die Frage, ob ein zusätzlicher Session Border Controller (SBC) eingesetzt werden soll. Dieser würde die Funktion einer Art Firewall für den SIP-Anschluß übernehmen und nur berechtigte Verbindungen zulassen, wodurch ein zusätzlicher Schutz des Kundennetzwerkes gewährleistet wird. Auch darüber haben wir bereits in früheren Blog-Beiträgen berichtet:

Die damit verbundene Frage nach der Notwendigkeit eines Session Border Controllers an Ihrem neuen SIP-Anschluß vorwegnehmend, würden wir Ihnen die zusätzliche Einbeziehung eines SBCs empfehlen.
Für kleinere ISDN-Anschlüsse von nur 2, 4 oder 8 Kanälen bieten die meisten Provider bei der Umstellung SIP-ISDN-Gateways, die den neuen SIP-Anschluß auf die bisherige ISDN-Anschlußtechnik übersetzen. In solchen Fällen ist die Einbeziehung dieser SIP-ISDN-Gateways vor allem auch aus Kostengesichtspunkten zu empfehlen, sofern die bisherige Telefonanlage mit entsprechenden digitalen Schnittstellen zur Aufnahme der ISDN-Anschlüsse ohne große Zusatzinvestitionen und Veränderungen weiter genutzt werden soll.

Sie merken, mit Ihrer Frage haben Sie ein weites Feld adressiert. Auf unserer Spezial-Webseite www.ip-statt-isdn.de finden Sie darüber hinaus auch noch eine ganze Reihe weiterer Informationen zu diesem Thema. Dabei geht es dort auch um die Berücksichtigung vorhandener Anschaltgeräte, die bei einer Umstellung von ISDN auf SIP funktional ebenfalls berücksichtigt werden müssen.

Sollten Sie weiterführende Fragen haben, kommen Sie bitte gerne auf uns zu. Wir unterstützen Sie gern bei Ihrem Umschaltprojekt auf SIP. Sie erreichen uns dazu telefonisch unter +49 (30) 986 003-198 oder ganz einfach per E-Mail an avaya-blog@lipinski-telekom.de.

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